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Leni und die Sonne

Leni liebte alle Jahreszeiten, den Sommer mochte sie jedoch besonders gern, besonders wenn die Luft flirrte und die Sonne ein Lächeln in die Gesichter der Menschen zauberte.
Und die Sonne, die mochte Leni. Jedenfalls glaubte Leni dies, denn selten fand sie in diesen Sommerferien einen Grund, wie andere über das Wetter zu schimpfen. Hey, auch eine Zauberin wie die Sonne konnte nicht immer einen Sonnentag zaubern. Das wäre auch gar nicht richtig.
„Stimmt’s, Sonne?“, rief sie in den Himmel hinauf.
„Stimmt, kleine Leni“, hallte es von irgendwoher.
„Hey, so klein bin ich gar nicht, ich gehe schon in die Schule!“, beschwerte sich Leni. Sie wunderte sich kein bisschen und glaubte fest, dass die Sonne reden konnte. Wer sonst sollte da gesprochen haben? Deshalb schickte sie nun ein lautes „Hörst du, Sonne?“ hinterher.
„Ja-ha! Ich höre!“
„Sag ich doch!“, sagte Leni. „Weißt du auch, dass wir morgen zum Moorsee fahren? Zum Sonnebaden und zum Sonnetanken, wie Mama sagt. Sag, Sonne, kann man in dir baden und dich tanken?“
„Kann man, aber man muss aufpassen, meine Strahlen sind manchmal sehr heiß. Man kann sich die Haut verbrennen, das tut weh!“, kam die Antwort prompt.
„Weiß ich doch! Mama hat Sonnencreme gekauft, die schützt mich. Aber du könntest auch ein bisschen auf mich aufpassen, Sonne! Sag mir doch einfach, wann es genug ist mit dem Sonnenbaden!“
„Oho! Was ihr Menschen alles von mir verlangt! Nun soll ich auch auf eure Sonnenzeiten aufpassen? Meine liebe Leni, was glaubst du, wie viel Arbeit ich jeden Tag zu bewältigen habe?“, fragte die Sonne und ihre Stimme klang nun ein bisschen gestresst.
„Muss man als Sonne auch arbeiten?“, staunte Leni.
„Klar, ich muss aufgehen, strahlen, wärmen, trocknen, trösten …“
„Wieso trösten?“
„Die Menschen sagen oft: morgen wird die Sonne wieder für dich scheinen. Das heißt, dass es traurigen oder kranken Menschen besser gehen wird, wenn ich für sie scheine! Ist doch klar, oder?“
„Und du machst sie dann wieder fröhlich?“, freute sich Leni. Dieser Job der Sonne gefiel ihr ganz besonders. „Dann sollst du immer scheinen, damit kein Mensch mehr traurig sein muss. Ja, liebe Sonne, das wünsche ich mir am allermeisten. Und schicke bitte ganz besonders viele Strahlen zu Frau Linsengrün. Die ist unsere Lehrerin und sie guckt immer so traurig. Auch an Sonnentagen.“
Die Sonne lachte. Ein feines, wohlklingendes Lachen war es.
„Also gut, kleine Leni, morgen werde ich Frau Linsengrün besuchen und ihr ein paar tröstende Strahlen schenken. Jetzt aber muss ich schleunigst untergehen. Es ist schon spät und du solltest zu Bett gehen, so wie ich auch. Dann sind wir beide morgen wieder frisch und munter. Gute Nacht, Leni!“
Leni war einverstanden, auch wenn die Sonne wieder „kleine Leni“ gesagt hatte. Eigentlich hatte sie ja recht. Im Gegensatz zur Sonne war sie wirklich klein.

© Elke Bräunling & Regina Meier zu Verl

Leni und die Sonne, Bildquelle © Seaq68/pixabay