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So ein Schreck

„Wenn wir ein Fest veranstalten wollen, dann brauchen wir aber auch etwas zu essen und zu trinken.“
Das war typisch für Naschi, sie dachte immer nur ans Essen, dabei war sie schon so dick, dass man sich wundern musste, dass sie noch in ihr Schneckenhäuschen passte.
„Ach Naschi, das ist doch wirklich kein Problem, wir nehmen einfach die frischen Kräuter und sammeln Tau, dann wird schon genug für alle da sein!“ Kiki dachte stets recht praktisch und wenn sie etwas in Angriff nahm, dann klappte das gewöhnlich auch.
Aber Naschi hatte schon wieder etwas einzuwenden.
„Worin sollen wir denn Tau sammeln?“
„Na, in Eichelhütchen oder wir fragen mal die Maiglöckchen, ob sie uns ein paar Blütenbecher zur Verfügung stellen.“, schlug Mariechen vor.
„Igitt, Maiglöckchen duften so kräftig, da würde alles parfümiert schmecken und außerdem sind sie giftig.“ Naschi schimpfte wie ein Rohrspatz.
„Du kannst einem aber auch jeden Spaß verderben. Ich habe schon gar keine Lust mehr auf ein Fest!“ Mariechen zog sich beleidigt in ihr Schneckenhaus zurück.
„Dann sollen sie halt alles alleine machen“, dachte sie und beschloss, vorläufig nicht mehr heraus zu kommen.
„Da hast du es! Immer musst du Mariechen ärgern.“ Auch Kiki war jetzt verstimmt. Dabei hatte alles so hoffnungsvoll begonnen. Das Fest der Elfen war wunderschön gewesen, so dass die drei Schnecken spontan entschieden hatten, auch mal so eine tolle Fete auszurichten. Und jetzt das hier, dabei hatte Kiki schon ganz viele Freunde eingeladen.
„Ich besuche mal meine Cousine, die Nacktschnecke. Vielleicht hat sie einen Rat für mich. Bin ganz schnell wieder zurück.“, rief Kiki und machte sich auf den Weg.
„Das kann dauern!“ Naschi kaute bedächtig an einem Löwenzahnblatt, aber so richtig wollte es ihr heute nicht mehr schmecken. Hoffentlich hatte sie es sich nicht ganz mit den Freundinnen verdorben, das wäre schlimm. Wer mag schon gern allein sein?

Kiki war völlig erschöpft, als sie am nächsten Morgen zurückkam. Sie wollte erst einmal ein wenig schlafen und verkroch sich ebenfalls in ihr Häuschen, direkt neben Naschi und Mariechen, die noch keinen Fühler vor die Tür gesteckt hatten.
Sie war gerade eingeschlafen, als sie unsanft wieder geweckt wurde. Irgendwer oder was hob sie hoch, ihr wurde ganz schwindlig und sie traute sich nicht, aus dem Häuschen zu schauen. Dann machte es plötzlich „Pling“ und noch einmal und ein drittes Mal „Pling“ und dann war Ruhe.
Kiki hielt die Luft an, sie konnte sich nicht vorstellen, was da passiert war. Nach einer Weile schaute sie ganz vorsichtig aus ihrem Haus und wäre beinahe mit Naschi zusammengestoßen, die auch einen Blick wagen wollte.
„Huch, hast du mich erschreckt!“, rief Naschi und schaute sich dann neugierig um.
„Schau mal, Mariechen ist auch da. Sag mal, wo sind wir denn hier gelandet?“ Naschi kam nun ganz aus dem Schneckenhaus und kroch ein Stückchen weiter auf Mariechen zu.
„Igitt, ist das kalt und glatt hier, das ist doch nicht der Waldboden“, stellte sie fest und Kiki stimmte ihr zu.
„Das ist Glas, wir sind in einem Marmeladenglas gefangen. Schau mal nach oben, kein Himmel weit und breit, aber ein Deckel mit Luftlöchern drin.“
„Und nichts zu essen hier, kein einziges Blättchen“, jammerte Naschi.
Mariechen ließ sich nun auch blicken, sie war die kleinste von allen und hatte furchtbare Angst. Sie fing leise an zu weinen und sagte kein einziges Wörtchen.
„Wir werden verhungern und verdursten, wenn wir nicht bald etwas unternehmen, nun tu doch was, Kiki. Du bist doch sonst immer so klug.“ Naschi quengelte und jammerte.
Kiki versuchte an den Seiten des Glases nach oben zu kommen, das war gar nicht so einfach. Vielleicht könnte sie ja versuchen, den Deckel an die Seite zu schubsen und sie alle konnten entkommen.
Sie war fast am Rand angekommen, als sich plötzlich der Deckel öffnete und eine gewaltige Stimme ertönte: „Na, dir gefällt es wohl nicht da drin!“
„Natürlich nicht, blöde Frage“, antwortete Kiki mutig, aber wohl nicht laut genug, denn die Stimme ertönte aufs Neue.
„Schön da drin bleiben ich pflücke schnell ein paar Kräuter und dann nehme ich euch mit nach Hause.“ Ein Junge gehörte zu der Stimme, er stellt das Glas auf einem Stein ab und suchte den Waldboden nach Grünem ab. Kiki ergriff die Gelegenheit und kroch, so schnell das für eine Schnecke möglich war, auf den Rand des Glases und ließ sich dann hinunterfallen. Dann versteckte sie sich unter einem Blatt, kroch in ihr Haus und verhielt sich mucksmäuschenstill. Voller Angst dachte sie an ihre Freundinnen, die es wohl nicht schaffen würden, aus dem Gefängnis zu kriechen. Die Elfen kamen ihr in den Sinn. Sie musste Hilfe holen, doch wie sollte sie das machen. Sicher kam der Junge gleich zurück und vielleicht würde er nach ihr suchen.
Kiki dachte ganz fest an die Elfen, die versprochen hatten, auf die Schneckenkinder aufzupassen.
„Bitte, bitte, kommt doch, wir brauchen euch jetzt so dringend“, dachte Kiki und dann schlief sie vor Erschöpfung ein.
Ein leises Klopfen weckte sie auf und dann hörte sie die Stimme von Millie, dem Elfenmädchen.
„Kiki, komm nur heraus. Alles ist gut, deine Freundinnen sind in Sicherheit. Ihnen ist nur ein wenig übel, denn sie mussten mit mir auf eine Flugreise gehen. Wenn du magst, bringe ich dich jetzt zu ihnen und dann machen wir ein großes Fest, ein Geburtstagsfest für euch drei Schneckenmädchen.“
Kiki musste jetzt vor Erleichterung auch ein bisschen weinen und dann merkte sie, dass sie schrecklichen Hunger hatte.
Wie froh war sie, als sie endlich Mariechen in die Arme schließen konnte und Naschi hatte bereits leckere Waldmeisterblätter und kühles Wasser für die mutige Freundin bereitgestellt.
Mit vielen Gästen feierten die Schnecken und Elfen ein wunderbares Fest und immer wieder musste Kiki die Geschichte vom Marmeladenglas und der mutigen Befreiungsaktion erzählen.

© Regina Meier zu Verl

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