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Der kleine Spatz und der Durst

Viele Tage schon stand die Sonne am Himmel. Ihre Strahlen machten den Sommer heiß. Sehr heiß sogar. Und sie vertrieb die weißen Sommerwölkchen, die Bilder an den Himmel malen wollten.
Auf der Suche nach Nahrung flog der kleine Spatz über die Felder hinüber zum Dorf. Er hatte Hunger und Durst. Ein Würmchen hier, einen Samenkern dort konnte er mit Mühe noch finden, aber Wasser entdeckte er keines. Da waren nur die Tröpfchen des Morgentaus und das abgestandene Wasser in Regentonnen, und das roch faulig. Der Durst brannte heiß in seiner Kehle. So sehr, dass er keinen Appetit mehr auf Blumenkerne hatte.
„Ich muss zu den Gärten der Menschen fliegen“, murmelte er. „Vielleicht wartet dort feines, kühles Wasser auf mich.“
Mit letzter Kraft landete er in der Krone eines Apfelbaumes.
Er schnupperte. Roch es da nicht nach frischem, kühlen Wasser? Ja, da! Mitten im Baum wartete Wasser auf ihn. Oder träumte er das nur?
Der kleine Spatz hüpfte näher und landete in einem klitzekleinen Menschensee, der an drei kräftigen Ketten im Baum hing. Was für ein Wunder! Und was für ein Glück!
Gerade wollte er seinen Schnabel in das kühle Nass senken, als er erschrak. Ein fremder Vogel saß reglos auf einem Stein im Wasser. Er schien sich nicht zu fürchten, ja, er blickte den kleinen Spatz nicht einmal an.
„Hallo!“, sagte der. „Ich bin der kleine Spatz und wer bist du?“
Der fremde kleine Vogel aber antwortete nicht. Gar nichts sagte er. Nicht einmal mit dem Schnabel klapperte er.
„Hallo!“, sagte der kleine Spatz wieder. „Ich bin durstig. Meinst du, ich darf einen Schluck Wasser aus dem kleinen Menschensee trinken?“
Der fremde Vogel schwieg. Ob er schlief?
Der Spatz hüpfte ein wenig näher, setzte sich neben den Fremden auf den Stein und stupste ihn vorsichtig mit dem Schnabel an. Hart fühlte der sich an. Hart und kühl.
Er stutzte und betrachtete sich den Kollegen näher. Er … war ja aus Stein!
„So etwas aber auch!“, kicherte der kleine Spatz. „Ein Steinvogel sitzt im Menschensee und wacht über das Wasser. Ihn muss ich nicht fürchten.“
Und dann, endlich, tauchte er seinen Schnabel ins Wasser und das schmeckte köstlich! Gar nicht mehr aufhören mit dem Trinken konnte er und seine Flügelchen säuberte er auch gleich mit vielen frischen Wassertropfen. Oh, das Leben war schön! Und dieser Menschensee mit dem Spatz aus Stein war das schönste, was er in diesen Sommertagen kennen gelernt hatte.
Weil er sich so sehr freute sich, sang er gleich noch ein fröhliches Liedchen. Das klang zwar eher wie ein ärgerliches Schimpfen, doch wen störte das schon?
„Oh, seht nur! In der neuen Vogeltränke sitzt ein Spatz!“, hörte er da auf einmal eine Kinderstimme rufen. „Toll! Nun haben wir zwei Spatzen im Apfelbaum, einen aus Stein und einen echten. Juchhu!“
„Juchhu!“, trillerte der kleine Spatz und er beschloss, seine Freunde zu holen und mit ihnen hier im Menschengarten bei dem Menschensee , der ‚Vogeltränke‘ hieß, die heißen Sommertage zu verbringen.

© Elke Bräunling

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Kleiner Spatz, Bildquelle © Capri23auto/pixabay